Sonntag Quasimodogeniti, 19.04.2020: Es ist immer der Virus.

Es ist der Virus.

Es ist immer der Virus. Er ist schuld an all den Toten, den Kranken. Er ist schuld an der Belastungsgrenze der Krankenhäuser, an der fehlenden Medizin, an den Menschen, eingesperrt in ihren Häusern. Er ist schuld an all den dunklen Stunden, die so viele von uns erleben, an all dem Leid, dass so viele von uns verspüren. Er ist der Schuldige, den jede Krise benötigt. Der Schuldige, der verantwortlich gemacht werden kann.

Wir Menschen haben es zu unserer Aufgabe gemacht, stets einen Verantwortlichen zu küren. Jemanden, dem die ganze Schuld zugeschoben werden kann und, tja, in unseren Zeiten heißt dieser Schuldige wohl oder übel Covid-19. Wir hassen ihn, er macht uns schwach, er lässt uns einknicken und mit uns unsere Wirtschaft, unsere globalisierte, fortschrittliche Welt. Er zeigt uns, was die Lücken in unserem System sind, zeigt uns, dass wir nicht unbesiegbar sind, auch wenn wir es oft gerne glauben, und dafür hassen wir ihn.

Doch ist Hass nicht das, was letztlich niemandem hilft? Ist Hass, Verurteilen und Beschuldigen nicht etwas, was uns noch schwächer werden lässt?

Gerade Zeiten wie jetzt sollten uns zeigen, wie wichtig es ist, nicht zu hassen, wie wichtig es ist, zusammenzuhalten und Liebe zu geben, um Hoffnung zu schĂĽren. Zeiten wie diese sollten uns helfen, unsere Menschlichkeit wiederzufinden und nicht im Sog der Angst unterzugehen.

Wir Menschen sind nicht allmächtig. Wenn man es genau nimmt, sind wir sogar verdammt schwach. Aber wir besitzen die Gabe, aus Zorn Hoffnung und aus Wut Liebe zu machen und genau dafür sollten wir die Zeit der Besinnung, die Zeit der Quarantäne nutzen. Wir können Kraft sammeln, um nach der Krise diese Welt aus dem Sog des Hasses und der Beschuldigung zu ziehen. Wir sollten ihn nutzen, den Virus, Covid-19, für eine bessere Welt, für eine bessere Zukunft, unsere Zukunft.

Anna Nagy

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